Urlaub bei Langzeitkranken

Langzeiterkrankung und Urlaubsansprüche


Urlaubsansprüche bei Langzeiterkrankung: Was gilt? Ein Leitfaden für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Einleitung

Die Frage, was mit den Urlaubsansprüchen passiert, wenn man über einen längeren Zeitraum krank ist, beschäftigt Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen. Es ist ein Thema, bei dem es in der Vergangenheit viele rechtliche Unsicherheiten gab. Neue Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bringen nun jedoch mehr Klarheit und definieren die Pflichten von Unternehmen neu. In diesem Blogartikel erklären wir Ihnen, wann Ihr Urlaubsanspruch bei langer Krankheit verfällt und worauf Sie als Arbeitgeber achten müssen.

Urlaub bei Langzeiterkrankung: Die Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers

Grundlage für das Verständnis der aktuellen Rechtslage ist die sogenannte Mitwirkungsobliegenheit der Arbeitgeber. Vereinfacht gesagt, bedeutet das: Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter rechtzeitig und eindeutig auf noch offene Urlaubstage und den drohenden Verfall hinweisen. Ohne diesen Hinweis verfällt der Urlaub grundsätzlich nicht. Aber gilt das auch für langzeiterkrankte Mitarbeiter? Hier muss man nun unterscheiden, wann der Urlaubsanspruch entstanden ist.

Urlaub vor der Krankheit: Was passiert mit bereits erworbenem Anspruch?

Stellen Sie sich vor, Sie werden im Laufe des Jahres, beispielsweise im März, krankgeschrieben. Ihr gesamter jährlicher Urlaubsanspruch ist bereits am Jahresanfang entstanden. In diesem Fall verfällt der Urlaub nur dann nach 15 Monaten, wenn Ihr Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nachgekommen ist. Das BAG begründet dies damit, dass Beschäftigte den Urlaub bei rechtzeitigem Hinweis noch vor der Erkrankung hätten nehmen können.

Beispiel aus der Praxis:

  • Eine Mitarbeiterin ist seit dem 15. Januar 2025 dauerhaft krankgeschrieben.
  • Der Arbeitgeber hätte sie an einem der ersten Arbeitstage im Januar über den gesamten Jahresurlaub informieren müssen.
  • Da die Mitarbeiterin bis zum 15. Januar nur wenige Urlaubstage hätte nehmen können, verfällt der Rest des Urlaubsanspruchs. Nur die wenigen Tage, die bis dahin hätten genommen werden können, bleiben bestehen.
  • Hätte der Arbeitgeber die Mitarbeiterin nicht zu Jahresbeginn informiert, würde der Urlaub auch nach 15 Monaten nicht verfallen.

Urlaub während der Krankheit: Die 15-Monats-Frist

Die Situation ändert sich, wenn der Urlaubsanspruch erst während einer bereits bestehenden, langandauernden Erkrankung entsteht. In diesem Fall verfällt der Urlaub 15 Monate nach dem Ende des Kalenderjahres, in dem er entstanden ist – auch wenn der Arbeitgeber nicht über den Verfall informiert hat.

Beispiel aus der Praxis:

  • Eine Arbeitnehmerin ist vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2022 durchgehend krankgeschrieben.
  • Der Urlaubsanspruch für das Jahr 2020 ist am 1. Januar 2020 entstanden.
  • Dieser Anspruch verfällt am 31. März 2022, also 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres 2020.

Konsequenzen für Arbeitgeber: Handeln Sie proaktiv!

Die neuen Urteile machen die Pflichten für Arbeitgeber klarer. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Frühzeitig informieren: Weisen Sie Ihre Mitarbeiter am besten gleich zu Jahresbeginn auf ihre noch offenen Urlaubstage hin und nennen Sie dabei eine konkrete Anzahl.
  • Hinweise wiederholen: Wenn Mitarbeiter nach langer Krankheit zurückkehren oder im Laufe des zweiten Halbjahres, ist es ratsam, die Hinweise zu wiederholen.
  • Klare Regelungen in Verträgen: Prüfen Sie, ob in neuen Arbeitsverträgen klare Regelungen zum Verfall von Zusatzurlaub enthalten sind.

Fazit

Für Langzeiterkrankte ist die Unterscheidung zwischen vor der Krankheit und während der Krankheit entstandenem Urlaub entscheidend. Während der Anspruch, der vor der Erkrankung entstand, durch die Hinweispflicht des Arbeitgebers geschützt ist, verfällt Urlaub, der während der Krankheit entsteht, automatisch 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres. Arbeitgebern ist dringend zu raten, ihre Mitarbeiter frühzeitig und konsequent über ihre Urlaubsansprüche zu informieren, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.


Martin Wagner, LL.M., Fachanwalt für Arbeitsrecht und zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV Nord) – seit über 15 Jahren Berater von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu allen Fragen des Arbeitsrechts, insbesondere in den Bereichen Kündigungsschutz, Vertragsgestaltung und Prozessvertretung.

Bewerber Datenschutz

DSGVO Schadensersatz im Bewerbungsverfahren

Immer häufiger recherchieren Arbeitgeber Bewerber im Internet, bevor sie eine Entscheidung treffen. Doch wo liegen die rechtlichen Grenzen? Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 05.06.2025 (Az. 8 AZR 117/24) verdeutlicht, wann Bewerber Anspruch auf DSGVO Schadensersatz im Bewerbungsverfahren haben – und wann nicht. Hintergrund des Falls Ein Volljurist bewarb sich auf eine Stelle als […]

Arbeitnehmer mit Kündigung

Virtuelle Aktienoptionen sind Vergütung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass virtuelle Aktienoptionen, die Mitarbeitende von ihrem Arbeitgeber erhalten, Teil der regulären Vergütung sind. Arbeitgeber dürfen deshalb nicht festlegen, dass diese Optionen sofort verfallen, wenn ein Arbeitnehmer selbst kündigt (Urteil vom 19. März 2025 – 10 AZR 67/24).

Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geregelt, dass bereits erworbene („gevestete“) virtuelle Optionen automatisch verloren gehen, sobald Mitarbeitende kündigen. Zudem sollten diese Optionen doppelt so schnell verfallen, wie sie ursprünglich erworben wurden, wenn das Arbeitsverhältnis endet.

Diese Praxis erklärte das BAG nun ausdrücklich für unwirksam. Die Richterinnen und Richter betonten, dass virtuelle Aktienoptionen nicht nur als Belohnung für eine längere Betriebszugehörigkeit gedacht seien, sondern auch als Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistungen gelten. Deshalb dürften sie bei Kündigung nicht einfach gestrichen werden. Die bisherige Praxis berücksichtige die Interessen der Mitarbeitenden nicht angemessen und erschwere unverhältnismäßig deren Entscheidung zur Kündigung.

Zudem stellte das BAG fest, dass auch die Klausel unwirksam sei, nach der Optionen schneller verfallen, als sie erworben wurden. Auch diese Regelung benachteilige ausscheidende Mitarbeitende unangemessen.

Mit diesem Urteil ändert das BAG ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung aus dem Jahr 2008.

Manager Im Homeoffice

Homeoffice-Widerruf unbillig: Manager darf weiter von zu Hause arbeiten

Ein Projektmanager eines Automobilzulieferers darf weiterhin im Homeoffice arbeiten, obwohl sein Arbeitgeber den Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis und eine Versetzung an einen 500 Kilometer entfernten Arbeitsplatz angeordnet hatte. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln erklärte diese Entscheidung für unbillig und rückte das Interesse des Arbeitnehmers an seinem bisherigen Arbeitsmodell in den Fokus.

Hintergrund: Langjährige Homeoffice-Tätigkeit und Versetzungsentscheidung

Der heute 55-jährige Manager arbeitete über drei Jahre lang zu 80 % im Homeoffice und betreute Kunden des Automobilzulieferers. Laut Arbeitsvertrag war sein Einsatzort projektabhängig innerhalb der gesamten Unternehmensgruppe. Nach der Schließung seines bisherigen Heimatstandorts entschied die Arbeitgeberin, die Homeoffice-Erlaubnis zu widerrufen und den Manager an einen 500 Kilometer entfernten Standort zu versetzen. Alternativ wurde ihm eine Änderungskündigung ausgesprochen.

Der Projektmanager lehnte dies ab, bot jedoch an, weiterhin aus dem Homeoffice zu arbeiten. Seine Klage gegen die Versetzung und die Änderungskündigung hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG Köln Erfolg.

Urteil: Grenzen des billigen Ermessens überschritten

Das LAG Köln entschied, dass die Versetzung des Managers an den entfernten Standort die Grenzen des billigen Ermessens nach § 106 Gewerbeordnung überschreite (Urteil vom 11.07.2024 – 6 Sa 579/23). Der Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis sei nicht durch überwiegende sachliche Interessen der Arbeitgeberin gerechtfertigt. Die Richterinnen und Richter betonten das „erhebliche Bestands- und Ortsinteresse“ des Managers, das durch seine langjährige Tätigkeit im Homeoffice und seine familiären, logistischen und sozialen Bindungen begründet sei.

Außerdem wies das Gericht darauf hin, dass der Kontakt des Managers zu Kundinnen und Kunden hauptsächlich projektbezogen vor Ort oder über Telefon und Computer erfolge. Die Arbeitgeberin konnte nicht nachweisen, warum eine Anwesenheit im Betrieb zwingend erforderlich sei.

Änderungskündigung ebenfalls unwirksam

Auch die hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung wurde als unwirksam eingestuft. Laut LAG fehlte es an dringenden betrieblichen Erfordernissen gemäß § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Eine nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung, die den Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis rechtfertigen könnte, sei im Vortrag der Arbeitgeberin nicht ersichtlich gewesen.

Auswirkungen des Urteils

Das Urteil des LAG Köln stärkt die Position von Arbeitnehmern, die im Homeoffice arbeiten. Es zeigt, dass Arbeitgeber sachliche und nachvollziehbare Gründe vorweisen müssen, um eine bestehende Homeoffice-Regelung zu widerrufen. Familiäre und soziale Bindungen sowie langjährige Homeoffice-Erfahrung können entscheidende Faktoren sein, um ein „Bestands- und Ortsinteresse“ der Arbeitnehmer zu begründen. Dieses Urteil könnte zukünftig als wichtige Orientierung bei ähnlichen Streitfällen im Arbeitsrecht dienen.

Dfb Frauen Fußball

Mehr Schutz für schwangere Fußballerinnen und Mütter im Profisport

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) stärkt die Rechte von schwangeren Spielerinnen und Müttern im Spitzenfußball. Künftig sind die globalen Mindeststandards der FIFA, die bessere Arbeitsbedingungen für Spielerinnen und Trainerinnen gewährleisten, fest in den DFB-Statuten verankert. Damit ergänzt der Verband den bestehenden Schutz durch nationale arbeitsrechtliche Regelungen.


Neuer Mutterschutz im Profi-Fußball: Rechte und Pflichten für Vereine

Im Mittelpunkt der neuen DFB-Regeln steht der umfassende Schutz von Vertragsspielerinnen und lizenzierten Trainerinnen während Schwangerschaft, Elternzeit oder Adoption. Neben den gesetzlichen Ansprüchen auf Mutterschutz und Familienurlaub sind Vereine verpflichtet, Spielerinnen und Trainerinnen nach einer Auszeit nahtlos wieder in den Spielbetrieb zu integrieren. Dazu gehören eine angemessene medizinische Betreuung sowie die Fortzahlung der vollen vertraglichen Vergütung.

Zusätzlich sichern die neuen Regularien Schwangeren das Recht zu, weiterhin für ihren Verein aktiv zu sein – ohne Benachteiligung oder Vertragskündigung. Sollte ein Verein dennoch den Vertrag beenden, wird eine Entschädigung fällig.

Auch die Gesundheit und Bedürfnisse von Spielerinnen im Zusammenhang mit ihrem Menstruationszyklus werden künftig stärker berücksichtigt. Frauen können sich mit einem ärztlichen Attest von Trainingseinheiten oder Spielen freistellen lassen, ohne finanzielle Einbußen befürchten zu müssen.


Internationale Beispiele zeigen: Es gibt Nachholbedarf

Der Weg zu mehr Rechtssicherheit für schwangere Fußballerinnen ist lang. Ein prominenter Fall ist die isländische Nationalspielerin Sara Björk Gunnarsdóttir, die 2023 erfolgreich gegen ihren ehemaligen Verein Olympique Lyon klagte. Der Club hatte ihr während der Schwangerschaft Teile ihres Gehalts vorenthalten. Die FIFA entschied, dass Lyon über 80.000 Euro nachzahlen musste.

Die FIFA selbst hatte Ende 2020 neue Regelungen eingeführt, die Spielerinnen weltweit unter anderem einen Anspruch auf 14 Wochen Mutterschaftsurlaub und Schutz vor Kündigungen bieten. Der DFB betont, dass viele dieser Standards im deutschen Fußball längst etabliert seien. Beispiele wie Almuth Schult, Melanie Leupolz oder Svenja Huth zeigen, dass eine Vereinbarkeit von Profifußball und Mutterschaft im deutschen Nationalteam gelebt wird.


Fazit: Ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung

Mit den neuen Regeln setzt der DFB ein deutliches Zeichen für die Gleichstellung im Fußball. Sie schaffen nicht nur mehr Sicherheit und Fairness für Spielerinnen und Trainerinnen, sondern senden auch ein Signal, dass Familie und Profisport vereinbar sind. Damit wird Deutschland einmal mehr zum Vorreiter für Frauenrechte im internationalen Fußball.


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