Immer häufiger recherchieren Arbeitgeber Bewerber im Internet, bevor sie eine Entscheidung treffen. Doch wo liegen die rechtlichen Grenzen? Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 05.06.2025 (Az. 8 AZR 117/24) verdeutlicht, wann Bewerber Anspruch auf DSGVO Schadensersatz im Bewerbungsverfahren haben – und wann nicht.

Hintergrund des Falls

Ein Volljurist bewarb sich auf eine Stelle als Justiziar an der Universität Düsseldorf. Im Rahmen des Auswahlprozesses stieß die Universität über eine Google-Recherche auf seine frühere Verurteilung wegen sogenannten AGG-Hoppings. Daraufhin lehnte die Universität die Bewerbung ab. Problematisch: Der Bewerber wurde nicht über die Recherche informiert – ein Verstoß gegen die Informationspflicht aus Art. 14 DSGVO.

Entscheidung des Gerichts

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf sprach dem Bewerber 1.000 Euro Schadensersatz zu. Das BAG bestätigte die Entscheidung und stellte klar:

  • Die Entschädigung von 1.000 Euro bleibt ausreichend.
  • Keine Feststellungsklage für zukünftige Schäden.
  • Schadensersatz nach DSGVO ist ausgleichend, nicht strafend.

Rechtliche Einordnung

1. DSGVO und Informationspflicht

Bewerber müssen über die Nutzung personenbezogener Daten informiert werden. Unterbleibt dies, kann ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz entstehen.

2. Höhe des Schadensersatzes

Die Höhe richtet sich nach dem tatsächlich entstandenen Schaden. Mehrfache Verstöße erhöhen die Summe nicht automatisch.

3. Kein Anspruch auf Einstellung

Datenschutzverstöße allein führen nicht dazu, dass ein Bewerber die Stelle erhält. Ausschlaggebend bleibt die Eignung nach Art. 33 Abs. 2 GG.

Was bedeutet das für Bewerber?

  • Recht auf Transparenz bei Internetrecherchen.
  • Schadensersatz möglich – aber begrenzt.
  • Kein garantierter Anspruch auf Einstellung.

Was bedeutet das für Arbeitgeber?

  • Internetrecherche ist erlaubt, aber Informationspflicht beachten.
  • Saubere Dokumentation schützt vor Klagen.
  • Compliance im Bewerbungsverfahren ist entscheidend.

Praxisbeispiel

Ein mittelständisches Unternehmen prüfte Bewerberprofile regelmäßig auf Social Media, ohne dies offenzulegen. Nach Hinweis eines Bewerbers drohte eine Klage. Durch rechtzeitige Anpassung der Bewerbungsprozesse konnte ein Verfahren vermieden werden.

Fazit

Das Urteil des BAG zeigt: DSGVO Schadensersatz im Bewerbungsverfahren ist möglich, bleibt aber in der Höhe begrenzt. Arbeitgeber sollten ihre Prozesse anpassen, Bewerber ihre Rechte kennen.

Martin Wagner, LL.M., Fachanwalt für Arbeitsrecht und zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV Nord) – seit über 15 Jahren Berater von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu allen Fragen des Arbeitsrechts, insbesondere in den Bereichen Kündigungsschutz, Vertragsgestaltung und Prozessvertretung.